Die Geschichte des Begriffs „Verschwörungstheorie“ im Zusammenhang mit dem Attentat auf John F. Kennedy und der Rolle der CIA ist komplex und wird häufig in Debatten rund um Informationspolitik, öffentliche Meinungsbildung und politische Manipulation thematisiert. Im Folgenden ein Überblick über die Entstehung, Instrumentalisierung und Wirkung des Begriffs:
1. Ursprünge des Begriffs „Verschwörungstheorie“
Der Begriff „Verschwörungstheorie“ existierte bereits vor dem Kennedy-Attentat. Er lässt sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen und wurde vor allem in akademischen und politischen Kreisen verwendet, um Überzeugungen zu beschreiben, bei denen hinter historischen Ereignissen geheime Machenschaften vermutet wurden.
Allerdings war der Begriff bis in die 1960er Jahre hinein relativ neutral und wurde weder automatisch negativ konnotiert noch systematisch zur Diskreditierung verwendet.
2. Das Kennedy-Attentat (1963) und die Entstehung von Zweifeln
Nach dem Mord an John F. Kennedy am 22. November 1963 wurde Lee Harvey Oswald als mutmaßlicher Einzeltäter verhaftet und später selbst erschossen. Die Warren-Kommission (1964) kam zu dem Schluss, dass Oswald allein gehandelt habe.
Diese offizielle Darstellung wurde früh von vielen Seiten angezweifelt. Es entstanden zahlreiche alternative Theorien, die auf mehrere Schützen, CIA-Beteiligung, Mafia-Verbindungen, kubanische Interessen oder andere Verschwörungen verwiesen.
3. Die Rolle der CIA und das Memo 1035-960 (1967)
In diesem Kontext wird oft ein internes CIA-Dokument zitiert:
CIA Dispatch 1035-960, verfasst im April 1967 und erst später durch den Freedom of Information Act (FOIA) öffentlich gemacht.
Ziele dieses Memos waren:
-
Diskreditierung von Kritikern der Warren-Kommission.
-
Delegitimierung alternativer Theorien durch gezielte Medienarbeit.
-
Verbreitung der Idee, dass Kritiker durch „Verschwörungstheorien“ abwegig, irrational oder unpatriotisch seien.
Das Memo schlug vor, den Begriff „conspiracy theory“ (bzw. „conspiracy theorists“) strategisch in Medienkampagnen zu verwenden, um Skeptiker lächerlich zu machen und ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben.
Damit markiert dieses Memo einen Wendepunkt in der öffentlichen Verwendung des Begriffs: Von einer neutralen Bezeichnung wurde „Verschwörungstheorie“ zunehmend zu einem Kampfbegriff mit negativem Beiklang.
4. Folgen und Nachwirkungen
- Der Begriff wurde zunehmend als Diskurswaffe eingesetzt, um unbequeme Fragen oder alternative Narrative im Keim zu ersticken.
- In der Populärkultur und im Journalismus setzte sich eine Tendenz durch, jede von der offiziellen Darstellung abweichende Sichtweise als „Verschwörungstheorie“ zu labeln – oft ohne inhaltliche Prüfung.
- Dies hatte eine delegitimierende Wirkung und trug zur Entstehung einer alternativen „Gegenöffentlichkeit“ bei, etwa durch Dokumentarfilme, Bücher und später das Internet.
Fazit
Die CIA spielte eine nachweisbare Rolle bei der gezielten Diffamierung von Kritikern an der offiziellen Version des Kennedy-Attentats, und der Begriff „Verschwörungstheorie“ wurde ab den späten 1960er Jahren gezielt instrumentalisiert. Dieses Beispiel ist paradigmatisch für den heutigen, meist abwertenden Gebrauch des Begriffs und hat tiefgreifende Auswirkungen auf den öffentlichen Diskurs über Macht, Wahrheit und Medien.